DOPPELABEND // Residenzshowings von Smadar Goshen und Maria Neustadt
Anfang September beherbergt die Tanzzentrale gleich zwei Gastkünstler*innen/-kollektive: Im Rahmen des jährlichen Programms CREATIVE RESIDENCIES ist die Stuttgarter Choreografin, Tänzerin und Tanzpädagogin Smadar Goshen vom 04. - 10. September zu Gast. Zeitgleich ist das Münchner Kollektiv Maria Neustadt, bestehend aus dem Tänzer*innen- und Choreograf*innenduo Tasha Hess-Neustadt und Fabian Riess, ebenfalls für einen künstlerischen Arbeitsaufenthalt in die Tanzzentrale eingeladen.
Am Samstag, 09.09., 17 Uhr findet ein Abschlussshowing beider Residenzen statt, in dem die Künstler*innen nacheinander Einblicke in ihre jeweiligen Recherche- und Arbeitsprozesse geben. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Smadar Goshen und ihre Arbeit am Projekt Ken | כן
Im Rahmen ihrer Residenz arbeitet die Choreographin, Tänzerin, Tanzpädagogin an ihrem abendfüllenden Solo-Tanzstück Ken | כן, das verschiedene Verkörperungen von Chaos, Ordnung und dem großen Potenzial von Macht und Souveränität, das diese in sich bergen, erkundet. Zu Beginn der ersten Arbeitstage bietet sie Gaga/people-Klassen für jede*n an, Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Alle Informationen hierzu sind hier zu finden.
Smadar Goshen ist Choreographin, Tänzerin, Tanzpädagogin und Mitglied des Produktionszentrums Stuttgart. Als zertifizierte Gyrotonic und Gyrokinesis Trainerin sowie Gaga Lehrerin setzt sie sich intensiv mit der individuellen Bewegungssprache auseinander, die ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit mit den Tänzer*innen und ihres kreativen Schaffensprozesses ist. Sie absolvierte ihren Bachelor in Tanz und ihren Master in Choreographie an der Jerusalem Academy for Music and Dance. In ihrer Zeit als Tänzerin im JAMD-Ensemble arbeitete sie unter anderem mit den Choreographinnen Idan Cohen, Yosi Berg, Sharon Tzukerman, Ariel Cohen und Sahar Azimi. Die gebürtige Israelin verlagerte ihren Wohn- und Arbeitsmittelpunkt 2019 nach Stuttgart, wo ihre Vorfahren mütterlicherseits bis 1939 geboren und aufgewachsen sind.
Das Solo-Tanzstück von und mit Choreografin und Tänzerin Smadar Goshen betrachtet das Chaos als grundlegendes und natürliches Muster der Existenz und hebt gleichzeitig den Konflikt hervor, den es zwischen organischen chaotischen Mustern und dem instinktiven menschlichen Bedürfnis nach Systematisierung und Kategorisierung, beinhaltet. Auf der Suche nach körperlichen Ausdrucksformen für diesen Konflikt wirft das Stück Fragen nach allgemeiner Ästhetik und üblicher Dosierung von Informationen, Emotionen, Exposition und mehr auf. Goshen möchte das Chaos nicht nur durch sein wissenschaftliches Wesen, sondern auch durch seine gesellschaftspolitische Rolle verkörpern und lässt sich dabei von Ereignissen von Protesten und Revolutionen in der Geschichte und der aktuellen Politik inspirieren. Sie recherchiert über die Körperlichkeit des Chaos, das Grenzen und Begrenzungen durchbricht. Chaos, das Evolution statt Wiederholung schafft. Sie fragt, wo und wie in einem einzigen Körper die Kraft „vieler“ liegt.
Maria Neustadt und ihre Recherche zum Thema Einschränkung und Resonanz
Maria Neustadt, das sind Tasha Hess-Neustadt und Fabian Riess. Das Tänzer*innen- und Choreograf*innenkollektiv hat seinen Arbeitsmittelpunkt in München, seit 2020 kreieren und tanzen die beiden an der Schnittstelle von Somatik und Tanztheater. Ihre Arbeiten wurden bereits im Schwere Reiter Theater München, Gallus Theater Frankfurt und im Delphi Space Freiburg gezeigt. Neben der gemeinsamen choreografischen Praxis arbeiten sie jeweils individuell als Tänzer*innen mit Choreograf*innen wie Johannes Wieland, Barbara Bess oder Simone Mousset zusammen.
Die Residenz nutzen sie als offene und experimentelle Recherchephase für ein neues Projekt, dessen Uraufführung für November 2023 im Schwere Reiter Theater München geplant ist. Gegenstand der Recherche ist das Experimentieren mit Einschränkungen und Freiheit und deren Auswirkungen auf den Körper. Aufbauend auf die bestehenden Produktionen LOT und X, in denen das Duo mit manuellen und räumlichen Einschränkungen arbeitete, werden im Residenzzeitraum zunächst bekannte und neue Einschränkungen hinzugefügt und dann schrittweise wieder entfernt. Inwiefern ist Freiheit in Abwesenheit von Einschränkung überhaupt möglich? Die Residenz soll das kreative Potential von Einschränkung und dessen Auswirkungen auf den Körper untersuchen.
Foto: Maciej Rusinek
Foto: Mehemet Vanli
Das Projekt CREATIVE RESIDENCIES 2023 wird ermöglicht durch den Bayerischen Landesverband für zeitgenössischen Tanz (BLZT) aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst und unterstützt von der Stadt Fürth.
Das Projekt Netzwerkbündnis München-Nürnberg - sehen und gesehen werden, in dessen Rahmen die Residenz von Maria Neustadt stattfindet, wird ermöglicht durch den Bayerischen Landesverband für zeitgenössischen Tanz (BLZT) aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst und findet in Kooperation mit dem Tanztendenz München e. V. und dem Schwindelfrei Festival Mannheim statt.
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